10.10.2023 um 10:00
WDR 5 – das Wirtschaftsmagazin.

StartUp aus Bonn: Elektro-Batterie der Zukunft

[WDR5 – Linda Staude]

Heute mit Linda Staude. Hallo und herzlich willkommen.
Große Entdeckungen sind manchmal das Produkt eines glücklichen Zufalls. Eine der bekanntesten ist ein unerwünschter Schimmelpilz auf einem vergessenen Laborexperiment, der dann plötzlich alle möglichen Bakterien tötet. Besser bekannt ist er als Penicillin. Solche Zufälle gibt es offenbar immer noch:

[Sebastian Heinz]

Das war das Forschungsziel, die Batteriealterung aufzulösen und mit der Lösung sind wir über den Feststoffakku gestolpert. Also, die Entdeckung des Feststoffakkus war im Grunde genommen unser Penicillin-Moment.

[WDR5 – Linda Staude]

Was hinter den Penicillin Moment des Bonner Unternehmers Sebastian Heinz steckt, das verraten wir Ihnen später in dieser halben Stunde.

[WDR5 – Linda Staude]

Sie hören WDR 5 – das WDR Wirtschaftsmagazin.

Seine Entwickler haben 2019 den Chemie-Nobelpreis für ihn gewonnen. Der Lithium-Ionen-Akku. Der ist bis heute Gold-Standard bei den wiederaufladbaren Batterien. Der Akku ist in Laptops, in Smartphones, in Stromspeichern – zum Beispiel für die Solaranlage – und natürlich in Elektroautos. Aber Lithium ist teuer, die Akkus halten auch nicht ewig, das Recycling ist schwierig und dann gibt es ja auch noch die Brandgefahr. Das haben wir alle gesehen in diesem Sommer auf dem Frachter Fremantle Highway, der tagelang auf See gebrannt hat. Deshalb forschen die Forscher an sogenannten Feststoffbatterien. Eine kleine Firma aus Bonn hat offenbar da einen Durchbruch erzielt – ihren „Penicillin-Moment", wie wir am Anfang gehört haben. Und die haben heute ein Modell vorgestellt. Wolfgang Landmesser, mein Kollege, hat sich schon vorab das Batterielabor ansehen können. Wolfgang, was hast du gesehen?

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Das war eine kleine Halle in Offenbach. Also nicht Offenbach bei Frankfurt, sondern bei Landau in der Pfalz. Und da forscht der Laborleiter Markus Stichnote. Und der bastelt Zellen für diese Feststoffbatterie zusammen, in so einer ganz klassischen Glovebox. Das ist ja so ein Glaskasten mit so Gummihandschuhen. Da geht der dann rein und da hantiert der dann mit ganz normalen Werkzeugen.

[Markus Stichnote]

Das ist jetzt noch nicht zugeschweißt, es ist aber schon sehr passgenau. Das heißt, wenn ich den Deckel eingepresst habe – und hier sehen wir eine Zange – wir pressen den also drauf, dass er passgenau drauf sitzt und dann holen wir die Zellen raus.

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Ja und rauskommen dann so kleine Kästchen aus Edelstahl. Die lagen auch da rum, die konnte man anfassen. Also eigentlich ziemlich unscheinbar. Und da stecken die Elektroden drin, die man ja bei so einer Batterie braucht und der neu entwickelte Elektrolyt, ein sogenannter Festionenleiter. Die fertigen Batteriezellen, die kommen dann auf den Prüfstand. Und das ist so ein kleines Räumchen mit Metallregal, so wie in deinem Keller und da liegen dann diese Elektrolyte beziehungsweise die Elektrolyte in diesen Elektroden drin. Diese kleinen Kästchen sind angeschlossen, werden gemessen, im Stundenzyklus be- und entladen und dann schauen die, wie lange diese Dinger durchhalten.

[WDR5 – Linda Staude]

Und ich meine, was kann denn jetzt so eine Feststoffbatterie, was eine Lithium-Ionen-Batterie nicht kann?

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Das Wichtigste ist, die ist viel länger haltbar. Die Batteriezelle Nummer 1, die in diesem Labor entstanden ist, die hat schon 12.500 Ladezyklen hinter sich, ohne dass die Leistung nachlässt. Das lässt sich ja auch messen. Und die klassische Lithium-Ionen-Batterie, die ist bei einem Zehntel der Zyklen eigentlich platt – an der Grenze. Und diese Batterie Nummer 1, die läuft immer noch stabil. Wie lange haben wir natürlich gefragt:

[Markus Stichnote]

Kann ich Ihnen leider nicht beantworten, weil sie läuft ja immer noch und ich kann Ihnen nicht sagen, wann die kaputt ist.

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Also die läuft und läuft und läuft und hat auch ein viel geringeres Recyclingproblem deswegen, weil sie nicht so oft ausgetauscht werden muss und weil auch die Inhaltsstoffe weniger problematisch sind als in der klassischen Lithium-Ionen-Batterie. Und dazu kommt, dass dieses Elektrolyt nicht entflammbar ist. Du hattest ja die Fremantle Highway erwähnt – also sowas könnte da dann nicht mehr vorkommen, dass so ein Frachter mitten auf hoher See brennt. Und bei Tests kam auch raus, dass es kein Leistungsabfall bei extremen Temperaturen gibt. Das ist ja bei Lithium-Ionen-Akkus so, dass bei niedrigen Temperaturen im Minusbereich, dass dann die Leistung abfällt.

[WDR5 – Linda Staude]

Ja, das klingt ja alles ziemlich wundervoll. Kann die denn auch halten, was sie verspricht, wenn man sie jetzt mal in Serie produziert?

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Ja, dieses Wunder, das stimmt, das haben wir uns natürlich auch gefragt – die Journalisten, die da eingeladen waren in dieser kleinen Halle in Offenbach. Es gibt noch keine sogenannten Peer Reviews. Das sind ja so groß angelegte wissenschaftliche Studien. Das braucht einfach länger Zeit und diese Firma will jetzt möglichst schnell mit dieser Technologie an den Markt. Aber sie haben Einschätzungen von Experten in der Batterietechnologie eingeholt. Zugeschaltet war Ingo Krossing von der Uni Freiburg, der da auch im Batteriebereich forscht. Und er hat gesagt, er ist „total baff", für ihn ein echter Durchbruch. Der Kollege von der Welt hat dann nach dem Haken gefragt und er musste lachen und sagte dann „ok, für die Elektromobilität ist das Ding noch nicht einsetzbar, da müssen wir noch dran forschen" und deswegen will sich das Startup jetzt erstmal auf stationäre Speicher konzentrieren und auch das ist ja ein riesiger Markt. Der Entwickler, der Erfinder Günther Hambitzer hat angefangen in einer Garage in Bonn-Meckenheim. Also wirklich so ein klassisches Startup. Er hat über Jahrzehnte an diesem Problem geforscht und dann hatte er wirklich die Lösung gefunden, zusammen mit seinen Mitarbeitern. Und daraus wollen diese Menschen ein richtiges Geschäft machen.

[WDR5 – Linda Staude]

Also stationärer Speicher heißt sowas zum Beispiel für eine Solaranlage. Da kann ich mir das bei mir einbauen lassen, theoretisch?

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Genau oder ein Supermarkt, der hat sein Dach voll mit Solarpanels und will dann den Strom über Nacht speichern, um damit seine Kühlgeräte zu versorgen. Solche Anwendungen gibt es ja viele.

[WDR5 – Linda Staude]

Alles klar. Und ich meine, wie geht es denn jetzt weiter? Also jetzt haben wir da ein Modell was da steht und wunderbar funktioniert und läuft und läuft und läuft. Aber ist das jetzt erstmal nur ein Erfolg im Labor oder kann ich das in 2 Jahren auf dem Markt auch tatsächlich kaufen?

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Also, in nicht allzu langer Zeit, wenn es jetzt nach den Erfindern und nach den Protagonisten der Firma geht. Auf Basis der im Labor gebauten Zellen soll eine Pilotanlage entstehen – mit Maschinen, die dann die Batterien auch wirklich bauen. Es gibt auch schon einen ersten Lizenznehmer in der Schweiz, die Swiss Clean Battery AG. Die wollen in Graubünden eine Fabrik für über 450 Mio. Franken bauen und suchen da gerade Investoren. Das Ziel dieser Entwicklungsfirma ist jetzt andere Lizenznehmer noch zu finden und die Feststoffbatterie im großen Stil herzustellen, sagt Geschäftsführer Sebastian Heinz.

[Sebastian Heinz]

Das, was wir dann erleben werden, ist, dass die Batteriegröße, die wir für stationäre Anwendungsfelder entwickelt haben, dass wir die in sehr vielen Anwendungsfällen unterbringen können und wir über die Marktseite, über die Nachfrageseite in die Märkte gehen. Und aus der Ecke heraus werden die Lizenznehmer kommen und werden dann entsprechend für die Nachfrage sorgen.

[WDR5 – Wolfgang Landmesser]

Na das ist natürlich schon sehr selbstbewusst. Das müssen wir jetzt natürlich auch beobachten, ob das auch wirklich so passiert. Was er meint, ist, dass zum Beispiel Autohersteller auf diese Technologie aufmerksam werden und sich sagen „Warum haben wir eigentlich nicht diese Batterien in unseren Autos drin und noch die alten Lithium-Ionen-Batterien" und dass darüber dann ein richtig großer Markt entsteht.

[WDR5 – Linda Staude]

Wir werden sicherlich weiter ein Auge drauf halten. Wolfgang Landmesser ist aus der WDR Wirtschaftsredaktion über die Feststoffbatterie der Zukunft.