Rechenzentren
Rechenzentren sind ein essentieller Teil des Wirtschaftssystems, dessen Bedeutung durch die Digitalisierung weiter zunehmen wird. Sie sind in besonderem Maße auf eine verlässliche Stromversorgung angewiesen. Einen wichtigen Schutz vor Störungen bieten Systeme zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV). Batterien spielen hierbei eine zentrale Rolle: Sie sichern die Stromversorgung des Rechenzentrums bei Netzausfällen, bis weitere Sicherungsmechanismen greifen.
Referenzen
Relevanz des Anwendungsfeldes
Rechenzentren sind ein wichtiger Pfeiler der ökonomischen Tätigkeit. Ihre Bedeutung reicht wegen der globalen Vernetzung der Wirtschaft oft weit über die regionale Ebene hinaus. Zum Schutz vor Datenverlust und Funktionsausfällen aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Stromversorgung wurden vier aufeinander aufbauende Sicherheitsstandards („Tier 1-4") etabliert. Während der Standard Tier 1 keine USV-Komponenten enthält, nimmt deren Umfang und Ausgestaltung von Tier 2 bis Tier 4 zu.1
1 ScaleUp Technologies (2020a): Tier 1 bis 4: Die vier Tier-Klassen des Rechenzentrums.
Link ↗ (Zugriff am 13.01.2021).
In Europa ist der Energieverbrauch von Rechenzentren zwischen 2010 und 2020 von 56 TWh/a auf 87 TWh/a (d. h. um 55 %) gestiegen. Dies entspricht aktuell rund 2,7 % des gesamten europäischen Stromverbrauchs. Bis 2030 wird mit einem weiteren Anstieg auf 98 THh/a gerechnet.2 Alleine in Deutschland belief sich der Strombedarf von Rechenzentren im Jahr 2018 auf 14 TWh. Weltweit lag der Energiebedarf von Rechenzentren 2018 bei schätzungsweise 400 TWh/a.3 Ein beträchtlicher Anteil davon – Schätzungen zufolge etwa 12 % – entfällt auf die USV.4
Einsatz von Batteriespeichern
Der Kern einer USV ist ein Stromverteilungsnetzwerk zwischen dem öffentlichen Wechselstromnetz und den einsatzkritischen Lasten des Rechenzentrums. Die Aufgabe des zugehörigen Batteriesystems besteht darin, Störungen in der Stromversorgung für mindestens 15 Minuten zu überbrücken. Danach greifen weitere Sicherungsmechanismen (z. B. Generatoren) für eine längere Überbrückungsleistung.
2 Hintemann, Ralph; Hinterholzer, Simon (2020): Rechenzentren in Europa – Chancen für eine nachhaltige Digitalisierung. Borderstep Institut.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).
3 Hintemann, Ralph (2020): Rechenzentren 2018 - Effizienzgewinne reichen nicht aus: Energiebe darf der Rechenzentren steigt weiter deutlich an. Borderstep Institut.
Link ↗ (Zugriff am 18.01.2021).
4 Fraunhofer IZM & Borderstep Institut (2015): Entwicklung des IKT-bedingten Strombedarfs in Deutschland – Abschlussbericht.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).
Je höher die Sicherheitsanforderungen des Tier-Standards sind, desto mehr USV-Kapazitäten müssen vorgehalten werden. Zentraler Vorteil mehrfach redundanter Systeme ist, dass Wartung und Service ohne Einschränkungen der Verfügbarkeit des Rechenzentrums möglich sind. Die Dimensionierung der verwendeten Batterien ergibt sich dabei aus dem Energiebedarf der einsatzkritischen Lasten, der Redundanzstufe sowie den spezifischen Alterungseffekten der Batterien.5
Eine weitere Einsatzmöglichkeit für Batteriespeicher ergibt sich aus den Wandlungsverlusten der Wechselstromversorgung in Rechenzentren: Eine Umstellung der Stromversorgung auf Gleichstrom durch den Einsatz gleichstromfähiger Komponenten (Server, USV etc.) könnte den Energieverbrauch um „mindestens 10% im Vergleich zum effizienten Betrieb mit Wechselstrom" senken.6
Performance-Anforderungen
Von zentraler Bedeutung ist die Sicherheit der Batteriespeicher: Brand- oder Explosionsereignisse gefährden nicht nur Menschenleben, sondern die Funktion des Rechenzentrums – mit hohen potenziellen Schäden für den Betreiber sowie insbesondere auch für die abhängigen Wirtschaftsunternehmen.
Die Langlebigkeit der Batterien ist ein entscheidender Faktor für die Investitionssicherheit der Rechenzentrumsbetreiber. Batterien sollten daher eine hohe Zyklenfestigkeit sowie langfristig gleichbleibende Performancewerte aufweisen. Dies gilt umso mehr, je umfangreicher sie zur Verbesserung der Energieeffizienz in Rechenzentren eingesetzt werden.
Bei einem gegebenen Raumangebot bieten hohe spezifische Energie, konstante Performance und Tiefentladefestigkeit zudem die Chance zur Minimierung des Platzbedarfs. Freiwerdende Räume können stattdessen für die Umsatztreiber (Server etc.) genutzt werden.
Marktausblick
Der Markt für Rechenzentren wächst weltweit – getrieben durch Digitalisierung, Streaming-Dienste, Videotelefonie und Social Media – auf drei Pfaden: (1) Hyperscale-Rechenzentren zur Bündelung sehr großer Kapazitäten an einem Standort, (2) Rechenzentren im Eigenbetrieb von Unternehmen und (3) Kleinrechenzentren für Edge-Computing im Internet der Dinge (IoT). Letztere halten Rechenleistung am Rande des Kommunikationsnetzes vor und ersetzen damit die Datenübertragung zu zentralen Rechenzentren. Beim autonomen Fahren kann dies die Latenzzeiten verkürzen und somit die Reaktionsgeschwindigkeit des Fahrzeugs erhöhen.
In Europa werden etwa 23% des weltweiten Energieverbrauchs in Rechenzentren verursacht. Deutschland (25%), das Vereinigte Königreich (22%) und Frankreich (15%) decken davon über 60% ab.6 Die Investitionen in Rechenzentren steigen alleine in Deutschland jährlich um mehr als 10 %, 2016 überschritten sie erstmals die Milliardengrenze. International sind noch weit höhere Wachstumsraten zu verzeichnen. Dies treibt auch den Batteriebedarf für USV-Leistungen und Energieeffizienz.7
7 Hintemann, Ralph, Beucker, Severin & Hinterholzer, Simon (2018): Energieeffizienz und Rechenzentren in Deutschland: Weltweit führend oder längst abgehängt? Eine NeRZ-Studie zur Entwicklung des Rechenzentrumsmarktes in Deutschland. Kurzfassung.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).