Lastkraft­wagen

Die Energiewende stellt den Straßengüterverkehr vor besonders große Herausforderungen. Eine Tendenz zu weiter zunehmenden Transportleistungen trifft auf ein Set von Handlungsalternativen, die allesamt erhebliche praktische Nachteile mit sich bringen – seien es schlechte energetische Wirkungsgrade bei synthetischen Kraftstoffen und Wasserstoff, hohes Gewicht und hohe Kosten bei batterieelektrischen Fahrzeugen oder die erforderliche Infrastruktur bei oberleitungsgebundenen LKW. Gleichwohl führt kein Weg an einer Abkehr von fossilen Kraftstoffen vorbei – und in fast allen Handlungsoptionen spielen Batterien eine entscheidende Rolle.

Referenzen

Relevanz dieses Anwendungsfeldes

Der Güterverkehr auf der Staße trägt erheblich zu den anthropogenen Treibhausgasemissionen bei: Der Verkehrssektor ist als drittgrößter Verursacher in Deutschland für insgesamt rund 20 % der Emissionen ursächlich; mehr als ein Drittel davon entfällt auf Lastkraftwagen (LKW) und Nutzfahrzeuge.1 Zwar konnten die spezifischen Schadstoffemissionen pro Tonnenkilometer durch Verbesserungen bei Motoren, Abgastechnik und Kraftstoffqualität in den letzten Jahrzehnten deutlich reduziert werden. Gleichwohl sind die CO2-Emissionen aufgrund stark gestiegener Tonnenkilometer (um 74 % von 1991 bis 2017) im Zeitraum von 1995 bis 2018 um 22 % gestiegen.1,2 Der Bestand an LKW in Deutschland betrug 2019 rund 3,4 Millionen Stück, was einer Zunahme von 39 % gegenüber 2008 entspricht. Hinzu kommen 2,3 Millionen Zugmaschinen, davon 224.000 Sattelzugmaschinen.3,4

Ähnlich stellt sich die Situation in Europa dar: Hier stieg der Energiebedarf des Verkehrssektors zwischen 1990 und 2015 um 30 %. Etwa ein Drittel des europäischen Endenergieverbrauchs entfiel 2016 auf den Verkehrssektor, davon wiederum drei Viertel auf den Straßenverkehr. Die THG-Emissionen stiegen um 18 % zwischen 1990 und 2016.5

Nicht nur wegen der skizzierten klimaschädlichen Tendenzen stellt der Güterverkehr die Energiewende vor besondere Herausforderungen. LKW transportieren weit größere Massen und verbrauchen daher deutlich mehr Energie pro gefahrenem Kilometer als PKW. Hinzu kommt, dass sie oft längere Distanzen zurücklegen. Beides schlägt sich in einem hohen Bedarf an mitzuführenden Energieträgern nieder. Regenerativ erzeugte Flüssigkraftstoffe oder Wasserstoff besitzen zwar eine relativ gute Transportierbarkeit, weisen aber schlechte energetische Wirkungsgrade auf. Rein batterieelektrisch betriebene LKW erscheinen zwar in puncto Energieeffizienz vorteilhaft, würden aber mit heute verfügbaren Akkus ein Mehrgewicht von mehreren Tonnen aufweisen, bei zugleich deutlich reduzierter Reichweite gegenüber einem herkömmlichen Dieselantrieb. Vor diesem Hintergrund werden jüngst vermehrt oberleitungsgebundene LKW (O-LKW) diskutiert.6

Der Straßenverkehr wird auf absehbare Zeit das dominierende Transportmedium für Güter bleiben. Selbst dann, wenn die Verlagerungspotenziale auf Schiene und Binnenschiffe voll ausgeschöpft werden, dürften im Jahr 2050 noch 54 % der Transportleistung auf LKW entfallen.7

 

1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (2020): Klimaschutz in Zahlen – Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik.
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

2 Umweltbundesamt (UBA) (2020a): Emissionen des Verkehrs.
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

3 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2021): Fahrzeugbestand.
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

4Umweltbundesamt (UBA) (2020b): Verkehrsinfrastruktur und Fahrzeugbestand.
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

5 Hacker, Florian; Mottschall, Moritz et al. (2020): National and EU freight transport strategies - Status quo and perspectives and implications for the introduction of electric road systems (ERS).
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

6 Hacker, Florian; Blanck, Ruth et al. (2020): StratON – Bewertung und Einführungsstrategien für oberleitungsgebundene schwere Nutzfahrzeuge.
Link ↗ (Zugriff am 26.01.2021).

Einsatz von Batteriespeichern

Batteriespeicher werden in allen elektrischen LKW-Antrieben benötigt. Große Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich der Dimensionierung: Mit Blick auf rein batterieelektrisch betriebene LKW wird davon ausgegangen, dass Akkus mit Kapazitäten im Bereich von 600 kWh benötigt werden, was einem Zusatzgewicht von 2-3 t und Anschaffungskosten von etwa 100.000 € entspricht.7 Die mit einer Batterieladung erzielbare Reichweite liegt bei etwa 400 km. Dies ist zwar erheblich weniger als die Reichweite eines Diesel-LKW mit einer Tankfüllung. Allerdings fährt ein Großteil der LKW tatsächlich kürzere Strecken: Die durchschnittliche Wegstrecke für nationale Transporte in Deutschland liegt bei rund 90 km, für internationale Transporte aus Deutschland bei gut 300 km (im EU-Durchschnitt rund 90 bzw. knapp 600 km).6 Nach Berechnungen des europäischen Automobilverbandes fahren rund 85 % aller LKW in der EU kürzere Strecken als 150 Kilometer.8

Bei Wasserstoff-Brennstoffzellen-LKW wird der Kraftstoff als stark komprimiertes oder verflüssigtes Gas getankt und mittels Brennstoffzelle an Bord zur Stromerzeugung verwendet. Die zugehörige Batterie ist Pilotprojekten zufolge mit 70 kWh verhältnismäßig klein dimensioniert, da sie nur in energieintensiven Fahrtphasen wie Überholmanövern zugeschaltet wird.9 Der Wirkungsgrad des Wasserstoffantriebs ist mit 31 % jedoch erheblich niedriger als der batterieelektrischer oder oberleitungsgebundener LKW (O-LKW) mit 73 %.7

Letztere werden deshalb in jüngster Zeit als bedenkenswerte Option für die Energiewende im Straßengüterverkehr gesehen. Das Fahrzeug wird dabei mit Strom aus einer Oberleitung angetrieben, wobei zugleich eine Batterie aufgeladen wird. Diese ermöglicht kürzere Fahrten – etwa von der Spedition zur Oberleitungsstrecke – ohne Anbindung an das Stromnetz. Vorteile bestehen darin, dass keine Standzeiten für den Ladevorgang erforderlich sind und relativ kleine Batterien (gerechnet wird mit 175 kWh Kapazität) ausreichen. Voraussetzung ist freilich der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur. Eine Modellstudie empfiehlt den Aufbau eines Oberleitungsnetzes über einem Drittel des deutschen Autobahnnetzes (4.000 km), dessen Kosten von rund 12 Milliarden Euro sich durch Mautgebühren gegenfinanzieren ließen.7

7 Öko-Institut et al. (2020): Treibhausgasminderung im Straßengüterverkehr – Oberleitungs-Lkw als möglicher Teil der Lösung. Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus dem Projekt StratONund weiteren aktuellen Forschungsarbeiten.
Link ↗ (Zugriff am 27.01.2021).

8 Rueter, Gero (2020): Klimaschutz: Strom für Bus und LKW. Deutsche Welle (DW).
Link ↗ (Zugriff am 27.01.2021).

9 Daimler Truck AG (2020): Technologiestrategie für Elektrifizierung: Weltpremiere des Mercedes-Benz Brennstoffzellen-Konzept-Lkw.
Link ↗ (Zugriff am 27.01.2021).

Performance-Anforderungen

Zum Schutz von Fahrer, Fahrzeug und Ladung müssen die verwendeten Akkus hohen Sicherheitsanforderungen genügen. Brennbarkeit und Explosionsgefahr sollten möglichst ausgeschlossen sein, zumal Batteriebrände nur sehr schwierig zu löschen sind. Zudem müssen die Batteriespeicher eine besonders gute Umweltbilanz aufweisen. Der Zweck der Energiewende im Verkehrssektor besteht in erster Linie in der Reduktion negativer Umweltwirkungen der bisherigen Fahrzeugtechnologien. Der Vorteil elektrischer Antriebstechnologien wäre schwer zu vermitteln, wenn diese mit zwar anderen, aber ebenso gravierenden Umweltschädigungen einhergingen.

Im Bereich der Funktionalität ist Schnellladefähigkeit von entscheidender Bedeutung. Vor allem bei rein batterieelektrischen Fahrzeugen ließe sich so das Problem der geringen Reichweite in der Praxis lindern oder gar beheben. Nicht zuletzt werden auch hohe Anforderungen an die Zyklenfestigkeit der verwendeten Batterien gestellt. Diese wirkt sich auf die Lebensdauer und damit die Investitionssicherheit aus.

Marktausblick

Der Straßengüterverkehr nimmt weiter zu und ist zugleich gezwungen, seine Energieversorgung innerhalb weniger Jahrzehnte komplett von fossilen Kraftstoffen auf regenerative Quellen umzustellen. Der Bundesregierung zufolge soll bereits 2030 rund ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr auf elektrischen Antrieben oder strombasierten Kraftstoffen basieren.1 Selbst wenn synthetische Flüssigkraftstoffe in der bisherigen politischen Diskussion eine prominente Rolle spielen, ist mit einem enormen Bedarf an Batteriespeichern zu rechnen: Die synthetischen Kraftstoffe weisen die schlechtesten Wirkungsgrade auf, und für alle anderen Optionen (batterieelektrische, oberleitungsgebundene oder Brennstroffzellen-Antriebe) sind Akkus erforderlich.

Würde bis 2030 ein Drittel des deutschen LKW- und Sattelschlepperbestands über die geforderten alternativen Antriebe verfügen, und wären nur 10 % davon brennstoffzellen- oder oberleitungsbetrieben und 0 % rein batterieelektrisch, handelte es sich dabei um über 120.000 Fahrzeuge. Bei einer angenommenen Batteriekapazität von durchschnittlich 120 kWh wären somit über 14 GWh allein in den nächsten zehn Jahren in Deutschland erforderlich.