Lade­infrastruktur

Die Elektromobilität hat sich zu einem dynamischen Feld der Energiewende entwickelt – aufseiten politischer Vorgaben ebenso wie bei den Neuzulassungen von Elektro-Fahrzeugen. Damit gerät auch die Ladeinfrastruktur zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Ihre Leistung entscheidet nicht nur über den Ladekomfort, sondern ist auch ein wichtiger Faktor für die Netzausbauplanung. Der Einsatz von Batteriespeichern kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den erforderlichen Netzausbau zu minimieren und zugleich den Ladekomfort zu verbessern.

Referenzen

Relevanz dieses Anwendungsfeldes

Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur hat für Deutschland Szenarien für den Markthochlauf und den Bedarf an Ladeinfrastruktur bis 2030 entwickelt. Im Referenzszenario wird von einem Bedarf an Ladesäulen von 10,4 Millionen Stück ausgegangen, bei einem erwarteten Bestand von 14,8 Millionen batterieelektrischen und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen. Die dabei verladene Energiemenge wird auf 30.000 GWh pro Jahr geschätzt.1

Für die Netzplanung stellt jede Ladesäule einen neuen Verbraucher dar, dessen Versorgung durch das Netz gewährleistet werden muss. Folgt man dem Referenzszenario, so ergibt sich bis 2030 deutschlandweit eine zusätzliche Leistung von 162 GW. Der tatsächliche Netzausbaubedarf ergibt sich aus dem Saldo der erforderlichen Leistung und der verfügbaren Netzreserve auf der je betreffenden Netzebene. Ein Haushaltsanschluss im Standard-Lastprofil (SLP) wird beispielsweise mit 14,5 kW berechnet, das Niederspannungsnetz ist auf 30 kW je Haushalt ausgelegt – die Netzreserve auf Haushaltsebene liegt somit bei 15,5 kW. Auf einen Netzabschnitt als kleinster Netzebene kommen durchschnittlich 100 Haushalte. Erreicht die Anschlussleistung die Leistungsfähigkeit der betroffenen Netzebene, erfordert die Integration weiterer Ladesäulen einen Netzausbau.1

Die Verteilung der Ladesäulen auf verschiedene Standorttypen ist dabei ein wesentlicher Stellhebel. Im Referenzszenario tragen Privathaushalte 2030 mit 7,1 Millionen Ladesäulen und 41 % der verladenen Energiemenge die Hauptlast. Arbeitgeber stellen mit 2,6 Millionen Ladepunkten und 27 % der Lademenge die zweite Säule der Versorgung dar. Die dritte Säule ist der öffentliche Raum, der mit 711.000 Ladepunkten jedoch die beträchtliche Menge von 32 % des Strombezugs abdeckt. Im öffentlichen Raum erfolgt eine weitere Unterteilung in innerörtliche Lade-Hubs, Lade-Hubs an Achsen, Kundenparkplätze und den Straßenraum. Während für private Haushalte von einer Anschlussleistung von 11 kW ausgegangen wird, liegt die Leistung bei Arbeitgebern, Kundenparkplätzen und im Straßenraum bei 22 kW. Lade-Hubs werden innerorts mit einer Anschlussleistung von 150 kW, an Achsen sogar mit 350 kW kalkuliert. Eine geringere Verfügbarkeit privater Ladestationen müsste vor allem im öffentlichen Raum kompensiert werden: zuvorderst auf Kundenparkplätzen (+25 %) und innerörtlichen Lade-Hubs (+22%) wie auch von Ladesäulen im Straßenraum (+16 %).1

1 Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur (2020): Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf. Studie im Auftrag des BMVI. 
Link ↗ (Zugriff am 28.01.2021).

Einsatz von Batteriespeichern

Ladesäulen sind in Deutschland ab einer Leistung von 3,6 kW meldepflichtig gegenüber dem betroffenen Netzbetreiber.2 Privathaushalte erhalten in der Regel eine Genehmigung für eine Ladesäule mit einer Leistung von 11 kW, die sich innerhalb der 15,5-kW-Netzreserve auf Haushaltsebene bewegt. Pro Stunde können damit maximal 11 kWh Energie verladen werden. Die Ladedauer für vollelektrische Autos mit Batterien von 40-100 kWh Kapazität nimmt dadurch mehrere Stunden in Anspruch und erfolgt in der Regel nachts. Mittlerweile werden – auch im Sinne einer Zukunftsinvestition – Ladesäulen mit einer Leistung von bis zu 22 kW bei Privathaushalten installiert, aber zunächst auf 11 kW gedrosselt. Dies bietet für die Haushalte nicht nur den Vorteil, geringere regulatorische Bedingungen erfüllen zu müssen. Es ließe sich so auch ein Heimspeicher integrieren, der bei unveränderter Hausanschlussleistung eine doppelte Ladeleistung ermöglichen würde.

Auch bei Kundenparkplätzen und Arbeitgebern könnte die Anschlussleistung durch die Integration von Batteriespeichern erheblich reduziert werden – und damit auch der Netzausbaubedarf . Zusätzliche Nutzungspotenziale ergeben sich, wenn selbst erzeugte erneuerbare Energien integriert und zum netzunabhängigen Tanken angeboten werden. Damit einher geht ein steigender Bedarf an Speicherkapazität, mit der Chance auf effizientes Lastspitzmanagement. Die Hebung solcher Potenziale ist bei der Batterieauslegung zu berücksichtigen.

Der Einsatz von Pufferspeichern bei Lade-Hubs und im Straßenraum kann vor allem eine Entlastung zu Stoßzeiten bieten und wiederum die netzausbaurelevante Anschlussleistung mindern. Nicht umsonst werden einige der sogenannten „Supercharger" nicht über das Stromnetz, sondern mit Generatoren auf Basis fossiler oder regenerativer Kraftstoffe betrieben.3,4

2 Bonn Netz (2021): Anschluss von Ladeeinrichtungen für E-Fahrzeuge. Ladeeinrichtung für E-Fahrzeuge an Haushaltszählern (Aussetzbetrieb).
Link ↗ (Zugriff am 28.01.2021).

3 Wiesinger, Günther (2019): MotoE-Premiere: Ladestationen mit Diesel-Generatoren.
Link ↗ (Zugriff am 28.01.2021).

4 Ecomento.de (2019): Berliner Startup entwickelt Methanol-Schnellladestation.
Link ↗ (Zugriff am 28.01.2021).

Performance-Anforderungen

Eine wesentliche Anforderung an Batteriespeicher als Bestandteil einer Ladeinfrastruktur ist eine ausgeprägte Schnellladefähigkeit. Diese begünstigt den Ladekomfort und nimmt Last vom Netz. Je höher die Leistung beim Ladevorgang sein soll, desto wichtiger wird bei gleicher Speichergröße die Schnellladefähigkeit. Durch den Einsatz eines schnelladefähigen Heimspeichers mit einer nutzbaren Kapazität von 10,4 kWh ließe sich bei einer Entladung mit 4C für 15 Minuten eine Leistung von 41,6 kW realisieren. Bei entsprechender Schnellladefähigkeit der aufnehmenden Traktionsbatterie könnten so 10,4 kWh innerhalb von 15 Minuten verladen werden. Diese Menge reicht je nach Fahrzeugtyp immerhin für knapp 100 km Fahrleistung.

Durch die Anbindung der Ladeinfrastruktur an den Wohn- und Arbeitsbereich kommt der Sicherheit der verwendeten Batterien eine besondere Bedeutung zu. Entflammbarkeit und Explosionsrisiken sollten daher minimal sein. Darüber hinaus sollte der Einsatz von Pufferspeichern sowohl durch Netzausbauvermeidung als auch durch sparsamen Ressourceneinsatz zur Verbesserung der Umweltbilanz im Mobilitätssektor beitragen. Diesen Beitrag leisten Batteriespeicher umso mehr, je besser ihre Ökobilanz und ihre Lebensdauer sind. Letztere hat zudem einen maßgeblichen Einfluss auf die Investitionssicherheit.

Marktausblick

Das Marktvolumen für Batteriespeicher im Bereich der Ladeinfrastruktur ergibt sich aus der benötigten Ladeleistung, der erwarteten Lademenge sowie dem Pufferungsziel. Zusätzlich bestimmt die auf der Fahrzeugseite mögliche Ladegeschwindigkeit den Umfang, in dem Schnellladung tatsächlich genutzt werden kann.

Der Markt im Bereich der Ladeinfrastruktur gestaltet sich zweiseitig: Der Batteriepuffer vermittelt dabei ähnlich wie eine Plattform zwischen den Bedarfen der Erzeugerseite und der Verbraucherseite. Entsprechend gilt es, unterschiedliche Kundenbeziehungen zu berücksichtigen. Während es in Richtung der Netzseite um die Ausbauvermeidung und Verbesserung der Integration erneuerbarer Energien geht, spielt verbraucherseitig ein hohes Komfortniveau die Hauptrolle. Die Ladeinfrastruktur insgesamt kann bei diesem Ausgleich eine maßgebliche Rolle spielen.

Bei 10,4 Millionen Ladepunkten ist jede Pufferung von durchschnittlich 1 kWh mit einem Speicherbedarf von 10,4 GWh verbunden. Für 2030 wird die durchschnittlich verladene Energiemenge pro Tag und Ladesäule im Referenzszenario wie folgt angenommen: auf privaten Stellplätzen 5,2 kWh, beim Arbeitgeber 9,3 kWh, bei Lade-Hubs innerorts 172,5 kWh, bei Lade-Hubs an Achsen 200,6 kWh, auf Kundenparkplätzen 33,4 kWh und im Straßenraum 28,5 kWh. Wollte man diese Energiemenge für einen Tag puffern, ergäbe sich ein Speicherbedarf von 90 GWh. Davon entfielen auf private Ladesäulen 36,8 GWh, auf Arbeitgeber 24,3 GWh und auf den öffentlichen Raum 29,1 GWh.1

Die Abschätzung des Marktvolumens für andere Länder erfordert eine Prämissensetzung auf vergleichbarer Ebene. Dabei ist die Netzqualität ein wesentlicher Treiber für den Pufferbedarf: Je geringer die Netzqualität, desto mehr muss die zunehmende Anschlussleitung für Elektromobilität von Batteriespeichern aufgefangen werden.