02.10.2019 um 08:00
Innovation Origins

Start-up of the day: Was wäre, wenn Akkus zukünftig länger halten als Smartphones...

Wir kennen es alle, das Problem: Irgendwann verlieren unsere Device-Akkus den Saft und sie müssen schneller ausgetauscht werden, als das Gerät. Doch das muss nicht sein. Das Start-up High Performance Battery AG entwickelt nämlich Feststoffbatterien mit nahezu konstanter Leistungsabgabe. Wie das funktioniert und welches Prinzip dahinter steckt, erklärte uns Gründer Prof. Günter Hambitzer, der gemeinsam mit Dr. Sebastian Heinz und Dr. Thomas Lützenrath die Batterien der nächsten Generation anbietet.

Können Sie mir kurz die Idee und den Werdegang der High Performance Battery AG schildern?
Grundsätzlich altern alle derzeit auf dem Markt bestehenden Batteriesysteme und verlieren pro Lade- und Entladevorgang an Kapazität und Leistung. Dabei altern diese Batterien umso schneller, je intensiver sie genutzt werden. So hat auch die Schnellladung bei heutigen Lithium-Ionen-Akkus mit organischen Elektrolyten einen erheblichen negativen Einfluss auf die Lebensdauer. Die Einzigartigkeit – und damit die Idee – unserer Batterietechnologie besteht darin, das Alterungsproblem an der chemischen Wurzel zu lösen. Damit steht bei uns primär die Lebensdauer der Batterie im Fokus. Zur Lösung des Alterungsproblems musste ich das Grundlagenregime der bisher verwendeten Batteriechemie ändern: Der Impuls war von Beginn an, von der organischen in die anorganische Chemie zu wechseln.

Auf der Basis eines speziellen Elektrolyten entwickelt die High Performance Battery einen Feststoffakku mit einer einzigartigen Kombination von Leistungsdaten: nicht-entflammbarer Elektrolyt, tiefentladefest, langlebig, nahezu konstante Kapazität bei nahezu konstantem Innenwiderstand, d.h. konstanter Leistungsabgabe. Ferner gibt es bei der Herstellung keinen Rohstoffengpass und erheblich bessere Umweltwirkungen als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus. So sind kein Kobalt oder andere kritische Elemente enthalten und die Umweltbilanz ist ca. 50 % besser (CO2-Äquivalent über den Lebenszyklus) als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus.

Was unterscheidet Ihre Batterie von allen bisher entwickelten Produkten?
Durch den Wechsel der Akkuchemie besteht der wesentliche Unterschied in der sogenannten Deckschicht. Diese bildet sich beim Laden und Entladen in der Batteriezelle und wächst umso schneller, je intensiver die Batterie genutzt wird. Ihre Bildung verbraucht Kapazität und erhöht den Innenwiderstand. Der Akku verliert an Leistung. Bei uns ist das anders. Hier bildet sich die Deckschicht bei der ersten Nutzung, wächst allerdings in der Folge nicht weiter auf – egal wie intensiv die Batterie genutzt wird. Damit bekommt man über die gesamte Lebensdauer hinweg die volle Leistung aus der Batterie heraus.

Und wo sind die speziellen Einsatzbereiche?
Einsatzfelder unseres Feststoffakkus sind stationäre Pufferspeicher für die Netzstabilisierung sowie Heimspeicher bei den erneuerbaren Energien. Weitere mobile Anwendungen reichen von der Elektrifizierung von Schiffen, Zügen und Bussen über die Elektromobilität von Autos, Drei- und Zweirädern sowie schließlich von Powertools bis hin zu Consumer Electronics. Gerade die Nichtentflammbarkeit des Elektrolyten ist äußerst wichtig bei Heimspeichern und Elektromobilität und sorgt für die Akzeptanz und Verbreitung der neuen Technologie.

Sie sind schon lange in der Branche tätig, was hat Sie bewogen, erst 2018 das Unternehmen zu gründen bzw. was hat Sie vorher daran gehindert?
An Batterien forsche ich seit 1986. Mir war es dabei immer wichtig, die neue Batterietechnologie in ihrer Tiefe zu verstehen, um die Alterung tatsächlich an ihrer chemischen Wurzel lösen zu können. Diesen Weg darf ich nun in der High Performance Battery zum Erfolg führen. Dafür ist es neben der Forschung auch wichtig, das richtige Geschäftsmodell und die richtigen Mitstreiter zu finden. Bestand früher der Fokus in dem Aufbau eigener Produktionskapazitäten, so erlaubt uns das Geschäftsmodell der Technologielizensierung die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen, nämlich Forschung und Entwicklung sowie Business Development und Vertrieb. Gemeinsam mit meinen Partnern Dr. Sebastian Heinz und Dr. Thomas Lützenrath bündeln wir die erforderlichen Kompetenzen für einen erfolgreichen Markteintritt. Sebastian Heinz war sehr erfolgreich tätig für das Business Development und den Vertrieb eines sehr komplexen High-Tech Produktes in einem der größten Technologiekonzerne der Welt. Thomas Lützenrath war mehrfach CEO von großen Technologieunternehmen in Europa und ist spezialisiert auf internationale Wachstumsstrategien. Auch hinsichtlich unserer Finanzierung gehen wir unseren eigenen Weg: Als Aktiengesellschaft verkaufen wir unsere Aktien an Privatinvestoren und ausgewählte strategische Investoren, die uns dabei helfen, unser Geschäftsmodell erfolgreich international umzusetzen.

Gibt es einen speziellen Moment nach der Gründung, auf den Sie besonders stolz sind?
Es gibt mehrere spezielle Momente, die mich sehr bewegt haben: In der Forschung war es der Durchbruch im Verständnis der gesamten Chemie, als ich die Eigenschaften unseres Festionenleiters erstmals nachweisen konnte. Auch bin ich stolz über jeden Mitstreiter, den wir für die Zielgerade gewinnen können. Dazu zählen für mich auch unsere Aktionäre, ohne deren Unterstützung wir unser Ziel nur sehr viel schwerer erreichen könnten. Auch unser Wachstum an unseren verschiedenen Standorten erfüllt mich mit Stolz, da dort unsere Entwicklung besonders greifbar wird. Besonders stolz hat mich der Applaus unserer Aktionäre auf unserer letzten Hauptversammlung gemacht.

Wohin führt die Reise mit der High Performance Battery Holding AG?
Zunächst verfolgen wir einen Markteintritt über Anwender und Produzenten nach Anwendungsfeldern und Regionen mit einem Schwerpunkt auf stationäre Anwendungsfälle. Dafür entwickeln wir unseren aktuellen Stand weiter mit dem Ziel einer möglichst einfachen Massenproduktion unserer Technologie. Hersteller herkömmlicher Lithium-Ionen-Batterien zählen so zu unseren Kunden und nicht zu unseren Wettbewerbern.

Unser ultimatives Ziel ist, dass es für die jeweiligen Anwendungen eine Batterie gibt, die aufgrund ihrer extremen Lebensdauer einen Batteriewechsel für lange Zeit überflüssig macht. Stellen Sie sich einmal vor, wie es wäre, wenn Produkte zukünftig ohne Akku produziert werden könnten, weil der Kunde seinen Akku schon besitzt. Das wäre für alle Produktbereiche eine wirkliche Revolution.

Nun eine ganz persönliche Frage: Sie können mittlerweile auf sehr viel Praxiserfahrung zurückblicken – inwieweit ist Ihr Background ein Vorteil gegenüber den sonst doch eher jüngeren Gründern?
Das hat ehrlicherweise nichts mit dem Alter zu tun. Eher mit dem Produkt. Ist es mit seinen Vorteilen im Markt wirklich durchsetzungsstark? Haben sie ein Team zur Umsetzung mit den notwendigen Fähigkeiten? Ergänzen sich die Kompetenzen? Haben Sie Spaß zusammen und können Sie sich wechselseitig wirklich hundertprozentig aufeinander verlassen? Haben Sie eine Finanzierungsform gewählt, die Ihnen bei der Umsetzung und auch strategisch wirklich weiterhilft?

Gibt es Tipps, die Sie anderen Gründern aufgrund Ihrer Erfahrungen mit auf den Weg zum eigenen Start-up geben möchten?
Das ist immer so eine Sache mit den Tipps, aber wenn man es dennoch verallgemeinern möchte: Glauben Sie an Ihre Idee und suchen Sie sich ein Team, das menschlich und mit seinen Kompetenzen gut zueinander passt, sich ergänzt und sich schätzt. Suchen Sie sich eine Finanzierungsform, die Sie nicht dominiert und Ihnen die Freiheiten und die Unterstützung bietet, wirklich erfolgreich zu werden. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken und ergänzen Sie diese sinnvoll.