Zement

Die Zementherstellung trägt mit CO2-Emissionen im Gigatonnenbereich ganz erheblich zum weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bei. Ein Großteil der Emissionen ist dabei auf den chemischen Prozess des Kalkbrennens zurückzuführen, nur rund 12 % gehen auf das Konto der bei der Produktion benötigten elektrischen Energie. Gleichwohl zählen Zementwerke zu den industriellen Großverbrauchern von Strom. Damit stellen sie die Energiewende vor spezifische Herausforderungen. Batteriespeicher ermöglichen es den Unternehmen, den benötigten Strom netzdienlich, d. h. angepasst an fluktuierende Verfügbarkeiten, zu beziehen. Eine Mehrfachnutzung der Speicher eröffnet den Zementwerken zudem ökonomische attraktive Optionen, etwa die Teilnahme am Markt für Regelenergie.

 

Referenzen

Relevanz dieses Anwendungsfeldes

Zement ist mit einer Produktion von 4,1 Mrd. t (2019) der weltweit meistverwendete Werkstoff. Dabei entfallen 2,3 Mrd. t allein auf China. Zweitgrößter Produzent ist mit einer Produktion von 320 Mio. t Indien, während Deutschland (2020) mit 35,5 Mio. t den zwölften Platz belegt.1,2 Die mit der Zementproduktion verbundenen CO2-Emissionen sind immens: Sie werden auf 2,3 bis über 3 Mrd. t jährlich geschätzt, was einem Anteil von 6 bis 8 % am globalen Ausstoß entspricht. Nur die CO2-Emissionen Chinas und der USA (sowie, je nach Berechnung, Indiens) sind höher als die der Zementindustrie.3,4,5,6

Mit Blick auf den Produktionsprozess von Zement lassen sich drei Haupt-Emissionsursachen unterscheiden: Bei der Herstellung vom gebranntem Kalk, einer der Hauptkomponenten von Zement, wird CO2 aus dem Rohstoff Kalkstein chemisch abgespalten („Entsäuerung"). Diese so genannten prozessbedingten Emissionen machen je nach Schätzung rund 50-60 % der Gesamtemissionen von CO2 aus. Weitere rund 25-35 % gehen auf die Verwendung von Brennstoffen zurück, die für die Beheizung des Ofens erforderlich sind. Auf elektrische Energie entfallen lediglich 11-13 %.2,3,6,7

Wenngleich also die elektrizitätsbedingten CO2-Emissionen nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Gesamtemissionen ausmachen, ist der Strombedarf der Zementindustrie doch ganz erheblich: Zur Herstellung einer Tonne Zement wurden 2020 in Deutschland durchschnittlich 109,4 kWh elektrische Energie eingesetzt. Bei einer Gesamtproduktion von 35,5 Mio. t ergibt sich daraus ein Energieeinsatz von 3,88 Mrd. kWh – das entspricht einem Anteil am deutschen Nettostromverbrauch von 0,8 %.2,8 Der größte Teil davon entfällt auf die Zerkleinerungsprozesse Rohmahlung (20 % oder 776 Mio. kWh) und Zementmahlung (45 % oder 1,75 Mrd. kWh).9

Der elektrische Energiebedarf für die Produktion einer Tonne Zement ist in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen und wird künftig voraussichtlich weiter steigen. Dies ist auf den steigenden Bedarf an leistungsstarken Zementen mit feiner Mahlung zurückzuführen.2

 

1 The European Cement Association (Cembureau, Hrsg.) (2021): Activity Report 2020.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

2 Verein Deutscher Zementwerke VDZ (Hrsg.) (2021): Umweltdaten der deutschen Zementindustrie 2020.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

3 Hasanbeigi, Ali (2021): Global Cement Industry's GHG Emissions.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

4 Wikipedia (2021): Zement.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

5 Global Carbon Atlas (2021).
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

6 WWF (2019): Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie. Hintergrund und Handlungsoptionen.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

7 Verein Deutscher Zementwerke VDZ (Hrsg.) (2017): Umwelt-Produktdeklaration nach ISO 14025 und EN 15804. Zement.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

8 AG Energiebilanzen (2021): Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland. Daten für die Jahre von 1990 bis 2020.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

Einsatz von Batteriespeichern

Die Rohmahlung dient dazu, die wichtigsten Zementrohstoffe Kalkstein und Ton (bzw. ihr natürliches Gemisch Kalksteinmergel) zu zerkleinern. Das dabei entstandene Rohmehl wird anschließend in einem Ofen bei Temperaturen um 1.450°C zu so genanntem Zementklinker gebrannt. Dieser wiederum wird, nach Abkühlung und Lagerung in Silos, in Zementmühlen feingemahlen.7

Im Jahr 2020 waren in Deutschland 33 integrierte Zementwerke mit Rohmahlung und Klinkerbrennprozess sowie 21 Zementmahlwerke ohne eigene Klinkerproduktion in Betrieb.10 Ein integriertes Zementwerk verfügt über durchschnittlich 3,8 Zementmühlen sowie eine Rohmühle, ein Zementmahlwerk lediglich über 2,4 Zementmühlen. Dabei weist jede einzelne Mühle eine Leistungsaufnahme von rund 3 MW (Rohmühle) bzw. 2 MW (Zementmühle) auf. Rechnet man den Stromverbrauch für Ofen, Transport und sonstiges hinzu, ergibt sich ein mittlerer Jahresstromverbrauch von 90,7 GWh für ein integriertes Zementwerk bzw. 42,4 GWh für ein Zementmahlwerk (eigene Berechnung nach 9).

Zementwerke zählen damit zu den industriellen Großverbrauchern von elektrischem Strom, die das Stromnetz vor allem bei schwankendem Verbrauch in hohem Maße beanspruchen. Angesichts dessen hat der Gesetzgeber in der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) Anreize für einen netzdienlichen Anlagenbetrieb geschaffen. Zu den hier geregelten Fällen zählt unter anderem die „intensive Netznutzung": Weist ein Großverbraucher einen jährlichen Strombedarf von über 10 GWh bei zugleich mindestens 7.000 Jahresbenutzungsstunden auf, so kann er sich demnach von bis zu 80 % der Netzentgelte befreien lassen, da das Stromnetz durch den gleichmäßigeren Verbrauch weniger belastet wird.11,12

Die erste Bedingung für reduzierte Netzentgelte – einen Strombedarf von über 10 GWh – erfüllen Zementwerke mit Leichtigkeit, die zweite Bedingung allerdings nicht. Die mittlere Jahresbenutzung beläuft sich vielmehr auf rund 5.000 Stunden (eigene Berechnung sowie Abschätzung aus 9). Hier kommen Batteriespeicher ins Spiel. Mit ihrer Hilfe kann der Stromverbrauch des Zementwerks netzdienlich auf 7.000 Stunden oder mehr „verteilt" werden: Während der laufenden Produktion wird ein Teil des Strombedarfs auf dem Akku gedeckt, der in den Produktionspausen wieder neu aufgeladen wird.

 

9 Ausfelder, Florian; Seitz, Antje; von Roon, Serafin (Hrsg.) (2019): Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie. Methodik, Potenziale, Hemmnisse.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

10 Verein Deutscher Zementwerke VDZ (2021): Zementwerke in Deutschland.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

11 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (2021): Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzentgeltverordnung - StromNEV). § 19 Sonderformen der Netznutzung.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

12 Dusseldorp, Marc; Heinz, Sebastian; Lange, Christopher; Pohl, Sebastian (2021): Rightsizing – aber richtig! Auslegung von Batteriespeichern für mehr Nachhaltigkeit in der Energiewende.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

Performance-Anforderungen

Der energieintensiven Zementindustrie kommt eine besondere Rolle bei der Verbesserung der Integrationsfähigkeit erneuerbarer Energien zu. Bis dato dominieren in der Diskussion technische Flexibilitätspotenziale, bei denen es darum geht, durch Abschaltung von Produktionsanlagen eine zeitliche Verlagerung der Energienachfrage zu erreichen.9,13 Batteriespeicher haben das Potenzial, diese Flexibilitätsoptionen erheblich zu erweitern. Um Investitionssicherheit zu gewährleisten, müssen sie über eine ausgeprägte Langlebigkeit verfügen, die sich an der Laufzeit der Produktionsanlagen orientierten sollte.

Durch die schiere Größe der erforderlichen Speicher werden auch Anwendungsfälle einer Mehrfachnutzung ökonomisch interessant, die nur dann erschlossen werden können, wenn der Batteriespeicher gleichzeitig über eine hinreichende Schnellladefähigkeit verfügt.

Grundsätzlich sollten die verwendeten Energiespeicher auch hohen Nachhaltigkeitsstandards genügen – nicht zuletzt deshalb, weil dies in der politischen und öffentlichen Diskussion über die Energiewende zurecht eingefordert wird.

 

13 Gruber, Anna-Maria (2017): Zeitlich und regional aufgelöstes industrielles Lastflexibilisierungspotenzial als Beitrag zur Integration Erneuerbarer Energien.
Link ↗ (Zugriff am 20.12.2021).

Marktausblick

Der Einsatz von Batteriespeichern stellt eine attraktive, gesetzlich geregelte Option für Großverbraucher dar, die zu zahlenden Netzentgelte drastisch zu reduzieren. Geht man davon aus, dass ein integriertes Zementwerk seine Jahresnutzungsstunden von 4.850 auf 7.000 anheben möchte, ist hierfür ein Batteriespeicher mit einer Kapazität von 58 MWh erforderlich. Ein Zementmahlwerk benötigt für denselben Zweck einen Speicher mit 40 MWh Kapazität. Würden alle 54 Zementwerke in Deutschland mit derartigen Batteriespeichern ausgestattet, ergäbe sich allein hierfür ein Marktpotenzial von rund 2,75 GWh.