Grüner Wasserstoff

Wasserstoff besitzt von allen Brennstoffen den höchsten Energieinhalt1, ist verhältnismäßig leicht zu produzieren und gut zu transportieren. Im Rahmen der Energiewende ist Wasserstoff daher Hoffnungsträger für mobile und energieintensive Anwendungen. Sein Einsatz in Industrie, Verkehr, Wärme und Elektrizitätsversorgung soll vorzugsweise dort erfolgen, wo er grünem Strom überlegen ist oder gar die einzige Option darstellt.2 Lediglich der „grüne", ausschließlich mittels erneuerbarer Energien erzeugte Wasserstoff ist klimaneutral.

 

Referenzen

 

Relevanz dieses Anwendungsfeldes

Bei den Industrieanwendungen ist in Deutschland die chemische Industrie mit einem aktuellen Bedarf von 1,1 Mio. t (37 TWh) Vorreiter in der Wasserstoffnutzung. Insbesondere für die CO2-basierte synthetische Herstellung des Rohbenzins Naphtha, das als Vorprodukt in vielfältige Produktionsprozesse einfließt, wird dieser Bedarf bis 2050 Schätzungen zufolge auf 7 Mio. t (227 TWh) steigen.2 Zu den Spitzenreitern des zukünftigen Wasserstoffbedarfs in der Industrie zählen auch die Stahlindustrie, die fossile Gase in der Hochofenstrecke durch Wasserstoff substituieren will3 (2 Mio. t oder 70 TWh in 2050)2 sowie die Zementindustrie, die das abgeschiedene CO2 zu chemischen Grundstoffen oder synthetischen Brennstoffen umwandeln möchte.2

Im Mobilitätssektor wird Wasserstoff vor allem im Bereich des Schwerlastverkehrs mit LKW, Schiff und Bahn eine Rolle spielen. Eine Vorreiterrolle für den Schienenverkehr nimmt das Unternehmen Alstom ein, das für die Vorstellung des weltweit ersten Brennstoffzellen-Zugs „Coradia iLint" für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Design 2022 nominiert wurde.4 Bereits für 2030 wird ein Wasserstoffbedarf im Mobilitätssektor im Umfang von 0,8 Mio. t (25 TWh) als plausibel erachtet, mit einem Anstieg auf 6,1 Mio. t (203 TWh) bis 2050.2 Auch in den Bereichen Wärme und Elektrizitätsversorgung wird aufgrund der Substitution fossiler Gase sowie einer zunehmenden Hybridisierung von Regelkraftwerken mit einer deutlichen Zunahme des Wasserstoffbedarfs gerechnet.2

Einen Beitrag zur Klimaneutralität der Wirtschaft leistet allerdings nur der grüne Wasserstoff, da nur dessen Herstellung ausschließlich auf erneuerbare Energien setzt. Dem gegenüber wird der heute verwendete Wasserstoff überwiegend aus fossilen Brennstoffen gewonnen und das erzeugte CO2 in die Atmosphäre abgegeben („grauer" Wasserstoff) oder dauerhaft unterirdisch gespeichert („blauer" Wasserstoff). „Türkiser" Wasserstoff setzt auf die thermische Spaltung von Methan unter Abscheidung festen Kohlenstoffs – ein Verfahren, das zwar theoretisch klimaneutral sein könnte, in der Praxis jedoch, vor allem wegen Förder- und Transportverlusten des starken Klimagases Methan, ebenfalls zu erheblichen Treibhausgasemissionen führt.5,6

 

1 Schnurnberger, Wener (2004): Wasserspaltung mit Strom und Wärme. In ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) (2004): Methoden der Wasserstofferzeugung. FVS Themen 2004. 
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2 Nationaler Wasserstoffrat (2020): Wasserstoff Aktionsplan Deutschland 2021 – 2025.
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3 Thyssen-Krupp (2020): Mit Wasserstoff zur klimaneutralen Stahlproduktion.
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4 Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis (2021): Deutscher Nachhaltigkeitspreis Design 2022. Die Finalisten. 
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5 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2021): Nationale Wasserstoffstrategie. Wissenswertes zu Grünem Wasserstoff.
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6 Klimareporter (2021): Industrie drängt auf fragwürdiges Verfahren. "Türkiser" Wasserstoff mit kritischer Klima-Bilanz.
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Einsatz von Batteriespeichern

Die Herstellung grünen Wasserstoffs erfolgt auf Basis von Elektrolyse. Sie ist der technisch einfachste Produktionsansatz und weist zugleich eine relativ hohe Energieeffizienz auf.1 Die Elektrolyseverfahren unterscheiden sich in den verwendeten Elektrolyten sowie den Betriebstemperaturen für das jeweilige Effizienzoptimum: Alkalische Elektrolyseure arbeiten mit wässriger Kalilauge bei 80 °C, Membranelektrolyseure mit einer protonenleitenden Membran bei 80 °C und Wasserdampfelektrolyseure mit einer Keramikmembran als Sauerstoffionenleiter bei 650-1000 °C.1 Generell ist die Herstellung von Wasserstoff äußerst energieintensiv. So erfordert die Produktion von 1 g Wasserstoff 145 kJ Energie. Dem gegenüber steht als Vorteil der hohe Energieinhalt des Wasserstoffs: Die Verbrennung von 1 kg Wasserstoff setzt dieselbe Energiemenge frei wie die Verbrennung von 2,75 kg Benzin.1

Unter dem Namen „Windgas" wird grüner Wasserstoff bereits seit einiger Zeit aus überschüssigem Windstrom gewonnen. Künftig wird die Wasserstoffproduktion jedoch primär mittels Erneuerbare-Energien-Anlagen erfolgen, die eigens dafür errichtet wurden. Besonders attraktiv an der direkten Kopplung von Elektrolyseuren an Erzeugungsanlagen ist, dass selbst starke, kurzfristige Schwankungen, wie sie sich beispielsweise bei Windböen ergeben, durch Elektrolyse verzögerungsfrei zur Wasserstoffherstellung genutzt werden können.1 Dabei gilt, dass der Wirkungsgrad der Elektrolyseure im Teillastbetrieb grundsätzlich am höchsten ist. Eine Stromunterversorgung geht jedoch im unteren Teillastbereich zulasten der Produktqualität.1 Die Steigerung der Energieeffizienz bei der Wasserstoffherstellung macht den Einsatz von Batteriespeichern vorteilhaft: So können auftretende Lastspitzen der Erzeugungsanlagen durch Zwischenspeicherung geglättet, Perioden einer Unterversorgung mit elektrischem Strom gegenüber einer unmittelbaren Kopplung an die Erzeugungsanlage reduziert und damit die Anzahl der Produktivstunden im Betriebsoptimum der Elektrolyseure insgesamt gesteigert werden kann. Die Kopplung von Erzeugungsanlagen, Elektrolyseuren und Batteriespeichern wird aktuell auch zur Hybridisierung von PV-Anlagen diskutiert.7

Die Auslegung von Batteriespeichern zur Effizienzsteigerung der Wasserstoffherstellung hängt von den Anlagenspezifika der eingesetzten Elektrolyseure, den Lastgängen der Stromerzeugung sowie der verwendeten Batterietechnologie ab.

 

7 Astakhov, O.; Agbo, S. N.; Welter, K.; Smirnov, V.; Rau, U.; Merdzhanova, T. (2021): Storage batteries in photovoltaic–electrochemical device for solar hydrogen production. In: Journal of Power Sources, Volume 509, 15 October 2021, 230367.
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Performance-Anforderungen

Zur großmaßstäbigen Herstellung von grünem Wasserstoff sind enorme Mengen an erneuerbarer Energie erforderlich. Deshalb handelt es sich beim Einsatz von Batteriespeichern zur Wasserstoffelektrolyse grundsätzlich um eine Hochlastanwendung, bei der vor allem die Langlebigkeit des Akkus eine zentrale Rolle spielt. Im Zusammenspiel mit dem hohen Energieinhalt und den korrespondierenden Explosionsrisiken im Umgang mit Wasserstoff ist auch die Sicherheit der Batterietechnologie entscheidend.

Da bei der Produktion grünen Wasserstoffs die Nachhaltigkeit der künftigen Energieversorgung im Mittelpunkt steht, sollten die verwendeten Batteriespeicher ebenfalls hohen Nachhaltigkeitsstandards genügen. Ein wichtiger, oftmals übersehener Punkt ist hierbei die Größe des erforderlichen Energiespeichers: Die Kombination aus spezifischer Energie, Langlebigkeit, Schnellladefähigkeit und Tiefentladefestigkeit ist entscheidend für die Dimensionierung – und damit auch für die korrespondierenden Umweltwirkungen.

 

Marktausblick

Der Markt für grünen Wasserstoff wird als ein enormer Wachstumsmarkt angesehen. Entsprechend groß ist das Interesse an einer Teilhabe seitens der deutschen und europäischen Politik. Vor allem geht es darum, die Wachstumschancen dieser Schlüsseltechnologie zu nutzen und Deutschland und Europa als Innovationstreiber zu positionieren. Dies betrifft den Anlagenbau ebenso wie die nachgelagerte Verwendung des Wasserstoffs. Die Überlegungen zur Erzeugung und Verteilung schließen explizit auch Drittländer außerhalb der EU ein, die im Rahmen von Kooperationsstrategien in eine Versorgungsstrategie eingebunden werden sollen.5

Hinsichtlich der Marktgröße für Batteriespeicher zur Effizienzsteigerung bei der Herstellung grünen Wasserstoffs gibt es aktuell keine seriösen Abschätzungen. Geht man alleine von dem oben dargestellten prognostizierten Bedarf in Deutschland in Höhe von 15,1 Mio. t (500 TWh) aus, so ist eine Energiemenge von jährlich mindestens 608 TWh Strom aus erneuerbaren Energien für die Wasserstoffproduktion notwendig.1,2 Bei einer auf Tagesbasis gleichmäßigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und einer Pufferspeicherung von 6 Stunden zum Ausgleich der Tagesschwankungen in der Stromerzeugung läge der Pufferspeicherbedarf für Batterien bereits bei 416 MWh. Dies entspräche umgerechnet auf eine Produktionsanlage für 100.000 t Wasserstoff pro Jahr einem Batteriespeicher mit der Größe von 3 MWh, was mit Blick auf aktuelle Vorhabenplanungen plausibel erscheint.