Quartiers­lösungen

Quartierslösungen ermöglichen es einzelnen Stadtvierteln oder großen Verbrauchern (z. B. Einkaufszentren), trotz Einbindung in ein Stromverteilnetz eine gewisse Autarkie zu erlangen. Dabei geht es vor allem um eine energieeffiziente und klimaschonende Kopplung von Wärme, Strom und Mobilität unter Einbindung modernster Kommunikationstechnologien. Das Potenzial ist groß, denn ein Großteil der Menschheit lebt in urbanen Räumen.

Referenzen

 


Relevanz dieses Anwendungsfeldes

In der Geographie bezeichnet der Ausdruck „Quartier" ein Stadtviertel oder Gebiet, das sich aufgrund sozioökonomischer Ähnlichkeit der Bewohner von seiner Umgebung abgrenzen lässt.1 Im vorliegenden Kontext geht es ebenfalls um Teilräume städtischer Siedlungsgebiete. Jedoch sind Quartiere hier weniger durch Merkmale der Bewohner definiert als vielmehr dadurch, dass eine gemeinsame, lokale Energieversorgungslösung („Quartierslösung") realisiert werden kann. In diesem Sinne kann z. B. auch ein Einkaufszentrum als Quartier bezeichnet werden. Gegenüber Insellösungen, die auf vollständige Autarkie zielen, sind Quartierslösungen grundsätzlich in ein Stromverteilnetz (in der Regel eines einzigen Netzbetreibers) eingebunden.


Quartierslösungen bündeln die Bedarfe vieler Akteure, um deren Stromversorgung hinsichtlich Umwelt- und Ressourcenschonung, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit zu optimieren. Hintergrund ist, dass gemeinschaftliche Optimierungsvorhaben aufgrund von Skalen- und Synergieeffekten in der Regel kostengünstiger zu realisieren sind als die Summe individueller Vorhaben. Quartierslösungen haben einen räumlichen und Akteursumfang, der die gemeinschaftliche Optimierung zugleich handhabbar macht. Gegenüber Insellösungen haben sie den Vorteil, dass die Versorgungssicherheit verbessert und die Investitionskosten weiter gesenkt werden können.

 

1 Spektrum (2020): Lexikon der Geographie – Quartier.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).

Erzeugung, Verteilung und Verbrauch müssen innerhalb des Quartiers und im Zusammenspiel mit dem Verteilnetz aufeinander abgestimmt werden. Dies umfasst auch die Sektorkopplung von Strom, Wärme und Mobilität: Stromüberschüsse können beispielsweise über den Umweg der Wasserstoffherstellung flexibel für Mobilität (power to gas) oder zur Wärmeerzeugung (power to heat) genutzt werden.2

2 Deutsche Energieagentur (dena) (2018): dena-Leitstudie Integrierte Energiewende. Impulse für die Gestaltung des Energiesystems bis 2050.
Link ↗ (Zugriff am 18.01.2021).


Einsatz von Batteriespeichern

Eine Quartierslösung besteht aus einem vielfältigen Mix aus Erzeugern, Verbrauchern und Energiespeichern. Die Aufgabe von Batteriespeichern besteht erstens darin, einen Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch innerhalb des Quartiers sowie eine eigenverbrauchsoptimierte Stromversorgung des Quartiers zu gewährleisten. Zweitens können Batteriespeicher Netzfunktionen für das Verteilnetz übernehmen, in welches das Quartier eingebettet ist.

Elemente, die eine Quartierslösung umfassen kann, sind Erzeugungsanlagen (Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft etc.) sowie auf Verbraucherseite u. a. Gebäudeinfrastruktur (Aufzüge, Beleuchtung, Gebäudemanagement etc.), Gastronomiebetriebe (Spitzenlast), Lebensmitteleinzelhandel (Kühlräume), Rechenzentren (USV-Bedarf), Parkraumbewirtschaftung für Elektromobilität (Ladesäulen) sowie die Stromversorgung der Privathaushalte. Die Sektorkopplung von Wärme und Strom ergibt sich vor allem aus wärmegeführten Blockheizkraftwerken in den Wintermonaten, deren Überschussstrom in Batterien zwischengespeichert werden kann.


Performance-Anforderungen

Batteriespeicher in Quartierslösungen müssen, wie generell in Siedlungsgebieten, hohen Sicherheitsanforderungen genügen: Feuer- und Explosionsgefahr sollten möglichst ausgeschlossen sein. Auch Zyklenfestigkeit ist eine zentrale Anforderung: Wenn die verwendeten Batteriespeicher, ebenso wie andere (z. B. Erzeugungs-) Elemente der Quartierslösung, Lebenszeiten von mehreren Jahrzehnten versprechen, zahlt dies auf die Investitionssicherheit ein – wichtig vor allem bei hohen Gesamtinvestitionsvolumina.3

Einige Anwendungen innerhalb von Quartierslösungen sind auf hohe Lade- oder Entladeströme angewiesen (so z. B. PKW-Ladesäulen). Angesichts dessen ist auch die Schnellladefähigkeit der Batterien ein wichtiges Desiderat. Schließlich ist noch die Umweltverträglichkeit zu nennen, da bei Quartierslösungen oft besonderes Augenmerk auf eine nachhaltigkeitsorientierte Energieversorgung gelegt wird. Ressourceneffizienz bei Herstellung und Betrieb sind daher ebenso wichtige Anforderungen, denen die verwendeten Batteriespeicher genügen sollten.

 

3 Stadt Luckenwalde (2013): Integriertes energetisches Quartierskonzept „Dahmer Straße".
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).


Marktausblick

Alleine in Deutschland belief sich der Strombedarf in Haushalten im Jahr 2018 auf 129 TWh (25,1 % des gesamten Strombedarfs), derjenige für Dienstleistung, Handel und Gewerbe auf 145 TWh (28,3 %).4 Vor dem Hintergrund, dass rund 80 % der Stadtbevölkerung von immerhin 61Millionen Einwohnern Ende 2019 in 665 Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern lebten, weisen Quartierslösungen ein großes Wachstumspotenzial auf.5 Einen weiteren Zugang zur Frage des Marktvolumens bietet der Blick auf die Anzahl von Einkaufszentren: Bis Ende 2017 gab es davon 479 Stück in Deutschland.6

Insgesamt weisen neuere Studien darauf hin, dass der Einsatz von Batteriespeichern in Quartierslösungen im Vergleich zum Einsatz auf Einzelhaushaltsebene effizienter sein kann: Mit 65% der Kapazität lässt sich derselbe Effekt erzielen wie mit 100% Heimspeichern. Auch die Einspeisung ins Verteilnetz kann signifikant geringer ausfallen.7

Insgesamt hängt der Bedarf an Batteriespeichern in Quartierslösungen davon ab, welche konkreten Zielsetzungen die jeweilige Quartierslösung erfüllen soll.

 

4 Umweltbundesamt (2020): Energieverbrauch nach Energieträgern und Sektoren
Link ↗ (Zugriff am 15.01.21).

5 Destatis (2020): Städte (Alle Gemeinden mit Stadtrecht) nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte am 31.12.2019.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).

6 EHI (2017): Entwicklung der Anzahl der Shopping-Center in Deutschland 1965 bis 2017.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).

7 Barbour, Edward; Parra, David; Zeyad Awwad; Gonzáleza, Marta C. (2018): Community energy storage: A smart choice for the smart grid? Applied Energy. Volume 212.
Link ↗ (Zugriff am 15.01.2021).